In jüngster Vergangenheit spielte das Thema Betriebsrat in den Medien wieder eine Rolle. Das von der Bundesregierung verabschiedete „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“ soll die Bildung und den Schutz von Betriebsräten fördern. Das andere Thema war der Wechsel vom Betriebsratschef von Volkswagen Bernd Osterloh zur LKW-Tochter Traton.
Aber was ist dran an der Geschichte von „mächtigen“ Betriebsräten?
Betriebsräte bilden
Knapp 1 Jahr vor den nächsten Betriebsratswahlen gilt es die Bildung von Betriebsräten zu erleichtern und diese zu unterstützen. Denn seit Jahren sinkt die Zahl der Betriebsräte in deutschen Firmen. Nur noch 9% der betriebsratsfähigen Betriebe verfügen über einen Betriebsrat.
Die Zahl der abhängig Beschäftigten die durch einen Betriebsrat vertreten werden schwanken zwischen 41% in den westlichen und 36% der östlichen Bundesländer, das heißt nur circa 40% der abhängig Beschäftigten vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates profitieren.
Je kleiner der Betrieb, desto unwahrscheinlicher ist es dort einen Betriebsrat anzutreffen.
Seit Langem fordert unsere Partei die Bildung von Betriebsräten zu erleichtern und vor allem sie besser zu schützen.
Betriebsverfassungsgesetz
Grundlage für die Betriebsratsarbeit ist das Betriebsverfassungsgesetz. Dieses trat auf Grundlage des Weimarer Betriebsrätegesetzes am 14.11.1952 in Kraft. Es wurde 1972 und 2001 novelliert.
Damit ein Betriebsrat dieses Gesetzeswerk im Sinne linker Politik anwenden kann, bedarf es einer starken Gewerkschaft innerhalb und außerhalb des Betriebs. Denn durch einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad im Betrieb wird der Betriebsrat ein kämpferischer Betriebsrat.
Das Betriebsverfassungsgesetz ermöglicht dem Betriebsrat einen bunten Strauß an Möglichkeiten die Arbeitsbedingungen zu beeinflussen.
Aufgaben des Betriebsrates
Die Aufgaben des Betriebsrates sind im §80 des BetrVG beschrieben und geregelt. Diese sind sehr vielfältig, sie umfassen unter anderem:
- ob Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften und Tarifverträge zugunsten der Arbeitnehmer*ìnnen eingehalten werden,
- die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, z.B. über Teilzeitangebote, familiengerechte Schichtmodelle oder agiles Arbeiten,
- die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau zu fördern, z.B. kann dafür ein eigener Ausschuss im Betriebsrat gegründet werden, der die Gleichstellung im Betrieb priorisiert und für eine Chancengleichheit sorgt,
- die Integration ausländischer Arbeitnehmer*innen im Betrieb und die Beantragung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit beim Arbeitgeber,
- die Förderung von Arbeits- und betrieblichen Umweltschutz,
- für Beschäftigung bzw. deren Erhalt zu sorgen.
Da sind nur einige der Aufgaben eines Betriebsrates und zeigen auf wie breit gefächert diese Aufgaben sind. Alleine die Überwachungsfunktion über die Einhaltung von Gesetzen stellen den Betriebsrat vor Herausforderungen, denn neben dem Betriebsverfassungsgesetz zählen alle Gesetze der Arbeits- und Sozialordnung zum Handwerk (Mutterschutzgesetz, Kündigungsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz usw.).
Deswegen sollte der Betriebsrat immer mit ausreichender Fachliteratur ausgestattet sein. Diese hat der Arbeitgeber zu bezahlen.
Es sei hier noch die antirassistische Komponente erwähnt, die sich ebenfalls im §75 wiederfindet. Dort heißt es, „dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.“
Hier wird die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer*innen geschützt, sprich das Recht sich in Gewerkschaften zu vereinen.
Mitbestimmungsrechte
Jetzt geht es ans Eingemachte, wo kann der Betriebsrat mitbestimmen, sprich, wo kann der Arbeitgeber nicht ohne den Betriebsrat tätig werden, und muss mit dem Betriebsrat mindestens einmal im Monat zu einer Besprechung zusammenkommen.
In folgenden Fragen hat der Betriebsrat mitzubestimmen:
- Fragen der Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer*innen im Betrieb, sprich es können über folgende Themen schriftliche Vereinbarungen getroffen werden:
- Taschenkontrollen
- Rauchverbot
- Alkoholtest
- Kleiderordnung usw.
- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen, sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Tage:
- Volles Mitbestimmungsrecht bei Schichtplangestaltung
- Volles Mitbestimmungsrecht bei Rufbereitschaft
- Volles Mitbestimmungsrecht bei Gleitzeitregelungen
- Gebrauch des Initiativrechts um eigene Vorschläge zu erarbeiten
- Die wöchentliche Arbeitszeit wird über einen Tarifvertrag geregelt und ist nicht mitbestimmungspflichtig.
- Aufstellung des Urlaubsplans
- Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.
- durch die Einrichtung von technischen Kontrollen, die eine Leistungsbeurteilung von Arbeitnehmer*innen ermöglichen, wird das Persönlichkeitsrecht derselbigen verletzt, denn er/sie ist einer Kontrolle ausgesetzt. Durch die Mitbestimmung wird verhindert, dass eine totale Überwachung stattfindet.
Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist ein Punkt von vielen, der eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes notwendig macht.
- Volles Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat beim Gesundheitsschutz, der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
- Der Bereich der Arbeitssicherheit ist wohl das schärfste Schwert des Betriebsrates, hier geht nichts ohne Ihn.
- Laut dem Arbeitsschutzgesetz §5 muss der Arbeitgeber Gefährdungsbeurteilungen durchführen, sprich er hat die psychische und physische Belastung der Kollegen*innen im Vorfeld abzustellen.
- Bei Betriebsbegehungen durch Behörden, etwa wegen Arbeitsunfällen, hat der Betriebsrat dabei zu sein. Berufsgenossenschaft und Gewerbeaufsicht sind aufgefordert mit dem Betriebsrat zusammen zu arbeiten.
- Zusammen mit der in §80 beschriebenen Kontrollfunktion überwacht der Betriebsrat, ob der Arbeitgeber alle Vorschriften einhält.
• Bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung bei Entlohnungsmethoden
- Hier kann der Betriebsrat Transparenz bei der Lohnfindung schaffen.
- Die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit wird somit gewahrt.
- Bestandteile der Lohngestaltung sind zum Beispiel: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Stundenlohn, Prämien usw.
Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes
Gerade in der Corona Krise zeigt es sich, was starke Betriebsräte wert sind, die dafür sorgen, dass sich die Menschen nicht an Ihrem Arbeitsplatz anstecken können, wie der vom Betriebsrat entwickelte Corona-Katalog bei Volkswagen zeigt.
Beschäftigte die in einem Unternehmen mit Betriebsrat arbeiten, haben einen 10% höheren Lohn, als Beschäftigte ohne Betriebsrat.
Es gibt noch viel mehr Gründe für die Beschäftigten einen Betriebsrat zu gründen. Das es immer weniger Betriebsräte gibt hat seine Ursachen zum einen in der Gesetzgebung, wo über die AGENDA 2010 prekäre Beschäftigungsformen ausgeweitet wurden, zum anderen in dem von Unternehmen betriebenem Union Busting.
Um diesem zu begegnen muss das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ausgeweitet werden, sprich der Betriebsrat muss Mitbestimmung beim Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen bekommen und wenn man dem Mobbing von Betriebsräten zu begegnen müssen Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet werden. Denn die Behinderung von Betriebsratsarbeit ist eine Straftat!
In wirtschaftlichen Angelegenheiten muss das Investitionsmonopol der Arbeitgeber gebrochen werden, denn solange der Unternehmer alleine entscheiden kann, wann, wo und wie investiert wird, sind die Interessenvertretungen erpressbar.
Das kürzlich verabschiedete Betriebsrätemodernisierungsgesetz hilft nicht wirklich weiter und ist zu kurz gedacht.
Es gibt nichts Demokratischeres in den Betrieben als Betriebsräte. Diese sorgen für eine Demokratisierung der Arbeitswelt!
Also gründet Betriebsräte, verbessert die Arbeitsbedingungen der Kollegen*innen im Betrieb, denn die Demokratie endet nicht vor den Werkstoren!
Friedrich-Bernd Albers
Betriebsrat der IG Metall