Seit über einem Jahr kämpfen die Beschäftigten bei der GILDE-Brauerei in Hannover einen erbitterten Kampf, der mit dem Kauf des hannoverschen Traditionsbetriebes durch die TCB Beteiligungsgesellschaft begann. Gemeinsam mit unserer Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann und unserem Landesvorsitzenden Lars Leopold habe ich den Arbeitskampf von Beginn an begleitet. Dabei standen wir immer im engen Kontakt mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Hannover. 

Seit der Übernahme 2016/2016 gilt in der Brauerei kein Tarifvertrag mehr. Beschäftigte und Gewerkschaft strebten deswegen einen Tarifvertrag auf Basis des in Niedersachsen gültigen Flächentarifvertrages für Brauereien an. Doch die Konzernleitung ließ sich nicht auf Gespräche über einen Tarifvertrag ein und weigerte sich, sich mit Beschäftigten und Gewerkschaften an den Verhandlungstisch zu setzen. Gemeinsam mit der NGG organisierten die Beschäftigten im Anschluss zahlreiche Warnstreiks und Kundgebungen – sie zeigten von Anfang an, dass sie nicht aufgeben würden, bevor ihre Forderungen durchgesetzt würden.

Um die Belegschaft zu schwächen, wurde der Traditionsbetrieb in vier neue Teilgesellschaften gespalten. Einziger Zweck: Die Zerschlagung des Betriebsrates, der demokratisch gewählten Vertretung der Beschäftigten. Diese mussten dann direkt – unter Aufsicht eines Sicherheitsdienstes – ihre Spinde räumen und wurden des Geländes verwiesen. Aber die Gewerkschaft ließ auch hier nicht locker und organisierte in allen vier Teilbetrieben neue Betriebsratswahlen. Wenig später zeigte der TCB Konzern weitere ‚kriminelle’ Energie und versuchte in einer ersten Massenentlassung zahlreiche gewählte Betriebsräte auf die Straße zu setzen. Die Gründe für diese Entlassungen waren jedoch so fadenscheinig, dass die Gewerkschaft NGG mit den Beschäftigten aktuell erfolgreich gegen diese Kündigungen klagt. 

Der letzte Höhepunkt des Arbeitskampfes stellte die Massenentlassung von fast der Hälfte aller Beschäftigten da. Zwei der vier neuen Teilbetriebe sollen aufgrund von Corona nicht mehr zahlungsfähig sein. Dabei hat die TCB-Gruppe nach wie vor mehr als genug Gewinne, um die Betriebe zu erhalten. Die Gewerkschaft konterte mit erneuten Protestaktionen. Doch ab diesem Punkt sind ihr die Hände gebunden. Konnten Gewerkschaft und Beschäftigte noch bei Betriebsratswahlen und Tarifverhandlungen auf bestehende Mitbestimmungsrechte setzen und durch Protestaktionen Druck aufbauen, waren sie von hier an der Willkür der Konzernleitung vollkommen ausgeliefert. Die Möglichkeiten der Gewerkschaften und der bestehenden betrieblichen Mitbestimmung stießen hier auf ihre Grenzen. 

Allerdings gibt es gesetzliche Stellschrauben, an denen man drehen könnte: der Schlüssel heißt wirtschaftliche Mitbestimmung. Es brauch neue Gesetze, um den Einfluss der Gewerkschaften und der Beschäftigten stark zu machen. Das ‚VW-Gesetz’ beispielsweise enthält bereits viele Regelungen, die schon heute in Fragen der Mitbestimmung wegweisend sein könnten. Das VW-Gesetz regelt die Mehrheitsverhältnisse der Volkswagen AG so, dass kein Aktionär mehr als 20 Prozent der Stimmrechte ausüben darf, auch falls er mehr Anteile besitzt. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ist so in wichtigen Punkten gesichert: Produktionsverlagerungen sind beispielsweise nur mit zwei Dritteln der Aufsichtsratsstimmen möglich und gegen die Arbeitnehmerbank nicht durchzusetzen! Zwar hat nicht jeder Betrieb einen Aufsichtsrat, die erweiterten Mitbestimmungsmöglichkeiten könnten jedoch auch von einem gewählten Betriebsrat übernommen werden.  

Die Zerschlagung des Betriebes oder die kürzlichen Massen-Entlassungen, verursacht durch Schein-Insolvenzen, hätte es bei der GILDE dann nicht gegeben. VW ist ein Musterbeispiel dafür, dass ein Unternehmen (egal ob regional oder international) durch solche Regelungen erfolgreich sein kann. Unternehmen müssen deswegen viel früher verpflichtet werden Aufsichtsräte einzurichten und den Beschäftigten Einfluss in diesen zu gewähren. Das gleiche gilt für Betriebsräte.

Als Partei DIE LINKE ist die Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung eines unserer wichtigsten Anliegen. Es braucht Gesetze, die die Beschäftigten in den Verteilungskämpfen mit den Konzernbesitzern, Investoren und anderen Arbeitgebern deutlich stärken. Wir fordern die Stärkung und Schärfung ihrer Rechte, um die Angestellten auf Augenhöhe mit ihren Cheffinnen und Chefs zu bringen. Es kann nicht angehen, dass bedeutende Entscheidungen über Arbeitsplätze am Willen der Belegschaften vorbei gefällt werden. Das Kräfteverhältnisse für zukünftige Arbeitskämpfe muss sich deutlich verschieben, um dramatische Entwicklungen, wie bei der GILDE Brauerei, in Zukunft zu verhindern.

(1) Das VW-Gesetz ist ein Bundesgesetz von 1960, dass allein den Volkswagen-Konzern betrifft. Es ist bis heute in Kraft.

Über den Autor
Felix Mönkemeyer ist Student der Wirtschaftswissenschaften und Landesvorsitzender der Linksjugend in Niedersachsen. Seit 2016 ist er Kommunalpolitiker und Mitglied in der Gewerkschaft ver.di.

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